Mit
unserer Ausstellung möchten wir, die Gruppe „Lampedusa in
Hamburg“, Ihnen die Möglichkeit geben einen tieferen Einblick in
unsere Erfahrungen auf der Flucht in den letzten drei Jahren zu
bekommen.
Dazu
beschreiben und analysieren wir diese Erfahrungen und die damit
zusammenhängenden gesellschaftlichen Ereignisse und Begebenheiten in
drei Schritten:
- die Situation in Libyen vor- während und nach dem Krieg sowie den Weg über das Mittelmeer
- die Situation in den italienischen Flüchtlingseinrichtungen
- die Situation in Hamburg
Wir möchten Ihnen darüber hinaus ein Verständnis der historischen Hintergründe und Fakten ermöglichen und skizzieren die Menschenrechtsverletzungen, mit denen wir auf diesem Weg konfrontiert waren. Aus diesem Grund finden sie auf einigen Tafeln, wie auch in Ordnern, Texte von Menschenrechtsorganisationen, WissenschaftlerInnen, aus juristischen Gutachten, Gerichtsurteilen und Zeitungsartikeln. Auf einer der Tafeln finden Sie zudem ein Pad, auf dem sie Filme ansehen können, die ebenfalls einen Einblick in die Hintergründe unserer Erfahrungen gewähren.
Unsere
Evaluationsmethode ähnelte dabei denen der Wahrheits- und
Versöhnungskommissionen in Südafrika und südamerikanischen
Ländern, nach Bürgerkriegen. In diesem Rahmen haben wir mit dem
Soziologen und Menschenrechtler Martin Dolzer zusammengearbeitet. Wir
haben uns versammelt, zusammengesessen und über unsere Erfahrungen,
Verluste und Traumata berichtet diskutiert und diese im Zusammenhang
mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, wie z.b. dem
Libyenkrieg und dem europäischen Flüchtlingssystem analysiert. Im
Verlauf dieses kollektiven Prozesses haben wir die Texte erstellt,
Berichte geschrieben und Fotos sowie Filme zusammengestellt, die in
der Ausstellung zu sehen sind.
Unsere
Methode ist ein Ansatz von „Restorative Justice“. Das ist ein
Ansatz von Justiz, der in unserem Fall auf die Bedürfnisse der Opfer
und der involvierten Communties ausgerichtet ist, anstatt abstrakten
Rechtsvorstellungen und Systemen zu folgen, die lediglich darauf
ausgerichtet sind TäterInnen zu bestrafen.
Wir
sind Opfer des Libyenkrieges und der Mechanismen des europäischen
Flüchtlingssystems. Mit unserer Ausstellung und der angewandten
Methode nehmen wir eine aktive Rolle in dem gesamten Prozess ein. Wir
wollen darüber hinaus den TäterInnen sowie den verantwortlichen
PolitikerInnen die Möglichkeit geben, die Verantwortung für die
„Verletzungen , die sie verursacht haben und die Taten, die sie
begangen haben, zu übernehmen.
Normalerweise
involvieren Verfahren der „Restorative Justice“ beide Seiten –
die Opfer und die TäterInnen – und fokussieren auf deren jeweilige
Bedürfnisse.
In
unserem Fall sind die TäterInnen und die verantwortlichen
PolitikerInnen jedoch nicht so leicht einzubeziehen. Die Einen leben
in Libyen und handeln weit jenseits der Menschenrechte und
internationaler Regulierungen und Verträge – und die Anderen –
die verantwortlichen PolitikerInnen – sind bis Heute nicht bereit
einen Dialog mit uns zu führen.
Wir
sind uns bewusst, dass diese Ausstellung lediglich ein erster Schritt
dazu sein kann die Fakten zu untersuchen und Ihnen einen Einblick in
unsere Erfahrungen zu geben. Vielleicht können wir auf diese Weise
einen Impuls für eine langfristige Wahrheitsfindung und Aussöhnung
geben.
Wir,
die Kriegsflüchtlinge der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“, fordern
den Menschenrechten entsprechend, ein permanentes Aufenthaltsrecht
sowie freien Zugang zu Arbeit, Bildung und Gesundheitsversorgung in
Deutschland. Diese Forderungen können sofort erfüllt werden. Im
regionalen- , bundes- und europäischen Recht gibt es eine Vielzahl
von Regulierungen, die das ermöglichen – dazu gehört u.a. der §
23 Aufenthaltsgesetz,
hochachtungsvoll,
die
Kriegsflüchtlinge der Gruppe
„Hamburg
in Lampedusa“
Die Situation in Libyen
Vor dem
Krieg
Wir die Flüchtlinge der
Gruppe “Lampedusa in Hamburg” sind sämtlich Kriegsflüchtlinge,
die bereits lange vor dem Krieg 2011 in Libyen lebten. Wir haben dort
u.a. als elektrische Schweißer, Maurer, Fliesenleger, Handwerker,
Tischler und als Bauarbeiter gearbeitet. Einige von uns hatten auch
Betriebe aufgebaut und Angestellte beschäftigt, andere waren
angestellt. Einige arbeiteten als Ingenieure oder im akademischen
Bereich. Keiner von uns hatte das Ziel nach Europa zu kommen, da wir
in stabilen Verhältnissen lebten und sozial abgesichert waren.
Wir hatten Zugang zu
medizinischer Versorgung. Die meisten unterstützten Familien oder
Gemeinden in ihren Herkunftsländern. Einige von uns lebten auch
gemeinsam mit ihren Familien in Libyen. Viele waren in den 1990er
Jahren oder nach der Jahrtausendwende nach dorthin migriert. Unsere
ursprünglichen Herkunftsländer sind u.a. Nigeria, Togo, Ghana,
Kamerun, Elfenbeinküste, Sudan, Niger, Mali, Gambia, Senegal,
Burkina Faso und weitere subsaharische Staaten. In Libyen konnten wir
ein gesundes und würdiges Leben führen. Wir hatten reguläre
Einkommen und die Möglichkeit am kulturellen Leben teilzuhaben.
Einige von uns arbeiteten lange Zeit bei italienischen oder deutschen
Unternehmen.
In Libyen konnte vor dem
Krieg jeder Mensch der sich darum kümmerte Arbeit finden. Für
diejenigen, die ein zu geringes Einkommen bekamen, hatte die
Regierung Läden mit dem Namen“Great Jamaria” eingerichtet, in
denen die wesentlichen Bedarfsgüter umsonst ausgegeben wurden.
Während
des Krieges
Bis zum 17. Februar 2011
hatten wir ein gutes Leben. Seit Ausbruch des Krieges befand und
befindet sich das Land in einem permanenten Chaos. Das Leben wurde
insbesondere für SchwarzafrikanerInnen sehr gefährlich. Es gab
viele Massaker, da wir als Schwarzafrikaner fälschlicher Weise
generell unter dem Verdacht standen, Söldner Muammar al Gaddafis
gewesen zu sein.

Als die UN die
Flugverbotszone deklarierte, eskalierte die Situation vollkommen.
Ganze Stadtteile von Tripolis und weiteren Städten, wurden
bombardiert. In diesem Fall beschützte die NATO nicht die
ZivilistInnen – im Gegenteil – sie griff auch Stadtteile an, in
denen ausschließlich ZivilistInnen lebten. Anstatt zu schützen,
tötete die NATO im Rahmen dieser Bombardierungen tausende
ZivilistInnen.
Bericht eines
Flüchtlings
„In
vielen Städten durchsuchten die Milizen der „Rebellen“ die
Häuser und folterten und/oder töteten sämtliche
SchwarzafrikanerInnen. Es kam zu Massakern und Hinrichtungen auf den
Marktplätzen. Viele von uns waren Augenzeugen dieses Geschehens.
Einige von uns wurden im Rahmen dieser rassistischen Übergriffe
gefoltert oder schwerverletzt. Oftmals wurden FreundInnen oder
Verwandte vor unseren Augen misshandelt oder getötet. Jede/r hatte
Angst. Die Rebellen verschleppten einige von uns in die Wüste. Sie
feuerten Schüsse neben unseren Köpfen ab, raubten unser Hab und Gut
und ließen uns in der Wüste zurück. Einige Menschen starben in der
Wüste, da sie nicht in die Stadt zurückgelangen konnten.
Als der Krieg ausbrach
wurde die Situation zunehmend gefährlicher und immer unerträglicher.
Viele von uns befanden sich bis Juni oder Juli 2011 im Kriegsgebiet.
Fünf Monate 5 waren wir Augenzeugen von Mord und Übergriffen und
lebten unter unmenschlichen Bedingen. Jede/r von uns ist
traumatisiert.
Die einzige Möglichkeit
zu überleben war das Mittelmeer in Richtung Europa zu überqueren.
Einige gingen freiwillig – Andere wurden von den Soldaten der
Gaddafiarmee aufgefordert zu gehen, um sich in Sicherheit zu bringen
- Viele wurde von Soldaten oder Milizen in viel zu kleine Boote
gezwungen.
Die Milizen zwangen uns in
die Boote. Wir konnten nicht erkennen für wen sie kämpften. Sie
nahmen uns unsere Handys und Speicherkarten, unsere Fotoapparate,
unsere Pässe und alles was wir besaßen ab, bevor sie uns in die
Boote zwangen. Offensichtlich wollten sie auch verhindern, dass wir
Fotos oder Filme mit uns nahmen.
Bericht eines
Flüchtlings
Bevor
der Krieg ausbrach, versorgte ich meine Familie im Heimatland. Als
dann der Krieg begann, nahmen mich Milizen fest. Ich weiss nicht für
wen sie kämpften. Sie schlugen und misshandelten mich und erschossen
meinen Bruder und meinen besten Freund direkt vor meinen Augen. Ich
denke jeden Tag an meinen Bruder.
Sie
hielten mich und viele Weitere in einem dunklen Keller eines Gebäudes
gefangen. Ich weiss nicht wie lange. Sie schlugen und folterten uns
jeden Tag ohne Gnade. Irgendwann nach der Einrichtung der
Flugverbotszone konnten wir fliehen. Endlich konnten wir wieder die
Sonne sehen.
Dann
eskalierte der Krieg mehr und mehr. Soldaten brachten uns zum Hafen
weil die ganze Stadt bombardiert wurde. Es gab keinen anderen Weg um
zu überleben – insbesondere für uns Schwarzafrikaner, die oft von
Rebellen” massakriert wurden. Sie nahmen uns Alles was wir bei uns
hatten, bevor wir ins Boot stiegen. Ich habe in Libyen alles verloren
wofür ich mein Leben lang gearbeitet habe. Das Boot in das sie uns
brachten war viel zu klein für so viele Menschen. Der Kapitän sagte
das auch, wurde jedoch ignoriert. An Bord gab es kein Essen und kein
Wasser. Mitten auf dem Meer kenterte das Boot dann. Viele Flüchtlinge
starben – ich wurde gerettet und konnte überleben.
Bericht eines Flüchtlings der in Benghazi lebte, als der Krieg ausbrach:
„Als die Revolution
begann, fingen die Rebellen an die Häuser in den Stadtteilen zu
durchsuchen, in denen SchwarzafrikanerInnen lebten. Sie gingen von
Haus zu Haus. Einige Männer wurden nach Misrata verschleppt und nie
wieder gesehen. Viele Menschen verschwanden und wurden Opfer
extralegaler Hinrichtungen.
Als der Krieg ausbrach
konnten Schwarzafrikaner nicht mehr in den gleichen Stadtteilen leben
wie die Arabisch stämmigen – Rassentrennung, rassistische
Übergriffe and Morde waren alltäglich. Die „Rebellen“ nahmen
oft die Ausweise weg. Viele Schwarzafrikaner versuchten in die Wüste
zu fliehen um dem zu entkommen – viele starben dort.“
Bericht eines weiteren
Flüchtlings aus Benghazi
„Als wir von Benghazi in
Richtung Tripolis flüchteten gab es viele Kontrollen durch Milizen.
Wir mussten zu Fuß gehen. Autofahrer hatten Angst getötet zu
werden, wenn sie SchwarzafrikanerInnen mitnahmen. An Kontrollpunkten
fragten die Milizen ob die Menschen die Regierung oder die Rebellen
unterstützen – wer die „falsche Antwort“ gab wurde erschossen
oder geköpft – und es war nicht immer zu erkennen wer einen
kontrolliert, da auch Rebellen die Uniform der Armee trugen. Wir
mussten auf der Hauptstraße gehen, da es in den Wüsten am Rand der
Straße keine Orientierungsmöglichkeiten gibt. Auf der Straße zu
gehen war, ein ständiges sich über Tote bewegen. Wir liefen, um
unser Leben zu retten – aber wo liefen wir hin? Es gab keinen
sicheren Ort und keinen sicheren Weg.“
Bericht eines
Flüchtlings der in Sirte arbeitete:
„Sirte ist eine Stadt in
der Nähe von Benghazi. Ich lebte in Tripolis und ging dann nach
Sirte, weil dort die Löhne fürs Verputzen von Häusern höher
waren. Als der Krieg anfing hörten wir, dass die Grenzen geschlossen
wurden – aber wir wussten nicht was genau passiert. In dieser
chaotischen Situation zahlte das Unternehmen, bei dem ich arbeitete
sämtlichen Arbeitern
die Löhne der letzten
zwei Monate nicht aus. Wir hatten deshalb lange Zeit zu wenig zu
Essen.
Auf der Straße sahen wir
Soldaten, die sich in Richtung Benghazi bewegten um die Grenze zu
blockieren. Wir konnten Sirte drei Wochen nicht verlassen. Wir waren
300. Nach drei Wochen entschieden wir uns zu Fuß zur Grenze zu
gehen. Dort verlangten wir von den Soldaten, dass sie uns zum
Flughafen bringen sollten, damit wir das Land verlassen können. Nach
langen Verhandlungen holten sie Lastwagen, ließen uns auf die
Ladeflächen steigen und brachten uns nach Tripolis.
Dort lebten wir 14 Tage in
einem Lager, in dem ca. 3000 Menschen waren. Immer wieder wurden
Menschen aus dem Camp geholt – aber niemand wusste wo sie
hingebracht wurden. Eines Tages nahmen sie auch mich mit. Sie
brachten uns ans Mittelmeer und ließen uns in Boote einsteigen.
Bericht eines weiteren
Flüchtlings:

Bericht eines
Flüchtlings aus Tripolis:
„Als die Bombardierungen
anfingen, hatte niemand die Flugzeuge gesehen – wir hörten nur die
Bomben und Raketen die einschlugen – alles geschah so schnell.
Überall schlugen Bomben ein – die Menschen rannten
orientierungslos herum und wussten nicht, wo sie den Bomben entkommen
könnten. Das erste Bombardement der NATO galt dem Flughafen von
Matiga. Bangashe, ein Stadtteil in dem es viele Kasernen gab, lag
direkt neben einem Stadtteil, in dem nur ZivilistInnen lebten. Die
NATO bombardierte auch diesen Stadtteil und machte ihn dem Erdboden
gleich.
Viele Menschen hatten am
Flughafen ausgeharrt um auszureisen, als die NATO ihn bombardierte.
Deshalb starben auch dort viele ZivilistInnen. Tag und Nacht wurden
Bomben abgeworfen – keine ruhige Minute dazwischen. Als die UN die
Flugverbotszone einrichtete hat alles angefangen sich zu
verschlechtern. Eine Miliz besetzte ein Flugzeug des Roten Kreuzes
und tötete damit viele Menschen.”
Die
Situation auf den Booten
Bericht eines
Flüchtlings:
„Ich bin 1999 nach
Libyen gekommen. Dort gab es Fleisch, Gas, Wasser und Strom umsonst.
Wir mussten lediglich unsere Miete bezahlen. Vor dem Krieg gab es
eine große Stabilität im Land. Ich hatte eine Familie – Frau und
Kinder, mit denen ich zusammenlebte. Ich hatte auch ein Unternehmen
aufgebaut. Aber der Krieg hat alles zerstört. Die Rebellen haben
alles genommen. Sie Menschen angegriffen und verwundet. Auch ich
wurde Opfer eines Übergriffs und schwer verletzt. Später in Italien
verweigerten mir die Verantwortlichen die notwendig Behandlung meiner
Wunden. Ich habe meine Frau und Kinder verloren, weil wir in
unterschiedliche Boote gezwungen wurden. Ich habe sie nie wieder
gesehen.
Tausende starben im Meer,
viele Frauen und Kinder. Viele Boote sanken. Es waren alte
Fischerboote. Weniger als die Hälfte der Boote die losfuhren kamen
an. Nachdem zu viele Flüchtlinge auf die Boote gezwungen wurden,
sanken Unzählige oder brachen auseinander. Wir hatten nichts zu
trinken, kein Wasser. Alles wurden den Menschen abgenommen, bevor sie
in die Boote gezwungen wurden. Wir verbrachten vier oder fünf Tage
auf dem Mittelmeer ohne Essen und Trinken. Nur diejenigen, die sehr
viel Glück hatten, überlebten.“
Bericht eines
Flüchtlings:
„Die Menschen, die im
Boot starben wurden über Bord geworfen. Das Boot war viel zu klein
für all die Menschen. Wir waren zwei Wochen auf dem Meer. Es gab
keinen Kompass, keine Navigation. Wir hatten keinen Kapitän und
mussten uns aufeinander verlassen. Es gab keinen Punkt an dem wir uns
orientieren konnten.”
Ein Flüchtling sagt:
„Ich frage mich warum
die Autoritäten in Europa uns immer wieder die selben Fragen
stellen. Wo kommst Du her? Warum bist Du hierher gekommen? Wann bist
Du hierher gekommen? - ohne nach den Hintergründen unsere Kommens zu
fragen. Viele Menschen behandeln uns hier wie Kinder oder Menschen
ohne Bewusstsein, die keine Bildung haben. Aber die afrikanischen
Menschen von Heute, haben die gleiche Bildung genossen, wie die
EuropäerInnen. Auch wir können die Gesellschaften, in denen wir
leben und unsere Umwelt sehr gut analysieren.

– jetzt wo wir in Europa den Schutz suchen, den sie versprochen haben, verschließen sie erneut ihre Türen.“
Die Situation in den Flüchtlingscamps in Italien
Wir
wurden über einen Zeitraum von gut zwei Jahren auf
Flüchtlingseinrichtungen in Italien verteilt. Einige waren in Camps
mit mehreren Tausend, Andere in heruntergekommenen Hotels, die von
den Behörden gemietet waren, untergebracht. Weitere lebten auf der
Straße. Die Lebensbedingungen waren so schlecht, dass sie Gesundheit
und Leben gefährdeten. Krankheiten und Traumata konnten nicht
adäquat behandelt werden. Neue Traumata wurden durch Übergriffe,
schlechte Behandlung, die Verweigerung medizinischer Versorgung und
Mangelernährung sowie durch Unterdrückung, degradierende Behandlung
und Ignoranz der Verwaltungen und Behörden ausgelöst.
Im
Winter 2012/13 stellten uns die Behörden Dokumente aus die einen
humanitären, staatenlosen oder politischen Status garantieren.
Gleichzeitig wurden wir aus den Einrichtungen genötigt und
aufgefordert oder gezwungen die Kommunen oder Italien in Richtung
Nordeuropa zu verlassen. Die BehördenvertreterInnen gaben Einigen
bis zu 500,- Euro. Man sagte uns, dass nichts mehr für uns getan
werden könne, da es keine Arbeit oder Perspektive uns in den
italienischen Kommunen versorgen zu können gebe. Einigen wurde mit
Inhaftierung oder Gewalt gedroht, wenn sie die Einrichtungen oder
das Land nicht verlassen.
Über
die katastrophale Lage der Flüchtlinge in Italien gibt es eine
informatives Gutachten der NGO Borderline e.V., dass von Judith
Gleitze im Auftrag des Verwaltungsgerichts Braunschweig erstellt
wurde. Insgesamt 200 Verwaltungsgerichte erklärten Abschiebungen von
Flüchtlingen nach Italien aufgrund der dort bestehenden Gefahr von
unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gegenüber Asylsuchenden
und Schutzbedürftigen, für rechtswidrig.
Bericht eines
Flüchtlings
„Wir die Flüchtlinge
der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ kamen alle in Lampedusa an,
nachdem wir das Mittelmeer überquert hatten. Die meisten von uns
blieben bis zu 10 Tagen im Lampedusa Camp oder auf den Wiesen davor.
Die Räume im Camp waren zu klein, es gab zu wenig zu Essen,
medizinische Versorgung wurde nur selten gewährt. Viele Flüchtlinge
mussten außerhalb des Camps auf Wiesen übernachten. Sie gaben mir 2
Hosen und ein Paar Schuhe, weil wir in Libyen all unser Hab und Gut
abgeben mussten, bevor wir in die Boote gingen oder gezwungen wurden.
Nach zwei Tagen in
Lampedusa wurde ich in eine Provinzstadt nahe Mailand gebracht. 40
Menschen lebten dort in einem heruntergekommenen Gasthaus. Dort lebte
ich die nächsten zwei Jahre. Gasthäuser und Hotels hatten Verträge
mit der italienischen Regierung. Das Haus in dem ich lebte war
ekelerregend und schmutzig. Wir bekamen zu wenig zu Essen und mussten
in einem viel zu kleinen Raum zu viert leben. Es gab keinen Platz,
keinen Schutz. In den zwei Jahren bekam ich weder neue Kleidung noch
weitere notwendige Sachen. Jeden Tag gab es Nudeln – oft auch ohne
weitere Zutaten. Die 46,- Euro die die UN für jeden Flüchtling
täglich zahlte haben uns niemals erreicht. Behördenvertreter kamen
nicht ins Camp. Wir mussten, ohne einen Anwalt kontaktieren zu
können, vor einer Kommission aussagen.
Wir durften keine Handys
benutzen. Es dauerte acht Monate, bis ich mir eins besorgen konnte.
Die Verwaltung hatte offenbar Angst, dass wir Jemanden über die
Situation in der Einrichtung informieren könnten. Unsere
Lebensbedingungen waren sehr schlecht. Manchmal musste ich zwei
Wochen auf Zahnpasta oder Shampoo warten, die/das ich zuvor beantragt
hatte. Zuerst bekamen wir Wasser in Flaschen, später mussten wir das
verdreckte Leitungswasser trinken. Sie haben uns so behandelt, weil
wir Flüchtlinge sind.
In Italien gab es keine
Organisation, die uns unterstützte. Im Winter 2012 entschieden die
Behörden, sämtliche Einrichtungen zu schließen, weil ein EU Fond
auslief, der weite Teile der Kosten trug. Während der gesamten zwei
Jahre hatte es keine Integrationsmaßnahmen gegeben. Letztendlich
entschieden wir eine Demonstrationen in Rom und Mailand
durchzuführen, um auf unsere Situation aufmerksam zu machen.
Als die Behörden
entschieden unser Gasthaus zu schließen, wollten wir nicht gehen, da
es Winter war und Frost herrschte. Es war zu kalt und wir hatten
keine Perspektive in Italien zu überleben. Wegen der
Wirtschaftskrise gibt es dort insbesondere für Flüchtlinge keine
Arbeit oder jegliche Unterstützung. Faktisch heißt das, dass uns
die Menschenrechte vorenthalten wurden. Die Polizei kam in unser
Gasthaus und zwang uns die Räume zu verlassen. .
Es schneite
ununterbrochen. Die Behörden gaben uns bis zu 400,- Euro. Ein Zimmer
zu mieten kostet jedoch 800,- oder1000,- Euro Kaution. Als ich aus
der Flüchtlingseinrichtung genötigt wurde, musste ich auf der
Straße und in Bahnhöfen schlafen.”
Bericht eines
Flüchtlings
„Die Papiere, die wir
erhielten, geben uns lediglich einen zeitlich begrenzten, humanitären
Status , jedoch keine Arbeitserlaubnis. Es gab keine
Überlebensperspektive in Italien – keine Arbeit, keine
Wohnmöglichkeit. Den meisten von uns wurde empfohlen, das Land zu
verlassen und sie erhielten sogar Tickets. Einigen wurde gesagt, sie
sollten die Kommune verlassen, in der sie lebten. Anderenfalls würden
sie verhaftet oder verlören ihren Status. Das ist der Grund, weshalb
wir Italien verlassen haben.
Ich frage mich wo all das
Geld geblieben ist, dass Italien von der UN zur Aufnahme der
Flüchtling erhalten bzw. gefordert hat. In dem Camp, in dem wir
lebten, gab es nur kaltes Essen, keine Vitamine. Niemand hat sich um
unsere Probleme gekümmert oder uns angehört. Sobald Jemand auf
seine Rechte bestand, musste er das Camp verlassen. Die Verwaltung
des Camps und die Manager waren korrupt – eine Verständigung war
nicht möglich.
Einige Male wurden wir
auch genötigt Papiere zu unterschreiben, deren Text wir nicht
kannten, um nicht aus dem Camp geworfen zu werden. Nach Lampedusa hat
man uns nie mehr Kleidung gegeben. Wir waren ständig willkürlicher
Behandlung ausgesetzt. Einige der Camps und Hotels ähnelten eher
Gefängnissen.“
Bericht eines
Flüchtlings
„Einige von uns
Flüchtlingen erhielten zudem keine Krankenversicherungskarte. 2012
bekamen die italienischen Behörden von der UN Geld für eine
Weihnachtsfeier für uns Flüchtlinge. Dieses Geld kam nie bei uns
an.
All das Geld der UN und EU
hätte für unsere Integration verwendet werden können. Das ist
einer der Gründe, weshalb die UN ihre Zahlungen einstellte.
Sie stellen uns einen
Anwalt, der jedoch kein Englisch sprach. Dieser Anwalt und die
meisten anderen AnwältInnen, die uns Flüchtlingen angeboten wurden,
verteidigten ihre eigenen oder die Interessen der Behörden, nicht
jedoch unsere. Das verstößt gegen Gesetze und mehrere europäische
Regulierungen.
Bericht eines
Flüchtlings

war eine inhumane Person, die uns Flüchtlinge respektlos behandelte. Nach sechs Monaten wurde ich gezwungen das Camp zu verlassen – aber es war für mich unmöglich, auf der Straße zu überleben. Als ich in das Camp zurückkehrte, bekam ich keine Lebensmittel mehr – länger als ein Jahr musste ich mich in sämtlichen belangen selbst versorgen.
Bericht eines
Flüchtlings
„In unserem Camp hatten
wir keinen Zugang zu AnwältInnen. Wir lebten in der Nähe von Genua.
Wenn wir nach einem Anwalt fragten, versuchte die Leitung uns auf die
Straße zu setzen – oder wir wurden namentlich von der Polizei
registriert. Jeder der etwas forderte war in Gefahr. Die
Einrichtungen, in denen wir lebten, nutzten unseren dortigen
Aufenthalt für ihren eigenen wirtschaftlichen Profit. Drei Tage nach
Erhalt des humanitären Status sagte uns der Hotelmanager, dass wir
das Hotel zu verlassen hätten. Nur die, die unterschrieben, dass sie
nicht zurückkehren würden, erhielten etwas Geld.
Nach Verlassen der
Einrichtung mussten wir auf der Straße leben. Die Atmosphäre in
Italien ist sehr rassistisch. Viele von uns wurden angegriffen. Zudem
war es eiskalter Winter und wir hatten keinen Platz zum Überleben.
Niemand hat uns geholfen wir wurden wie Sklaven behandelt.¨
Bericht eines
Flüchtlings
Während wir in den
Einrichtungen lebten, mussten einige ins Krankenhaus. Einige der
Manager gaben uns nicht die verschriebenen Medikamente, sondern
andere. Manchmal erhielten wir auch nur die Hälfte der
verschriebenen Medikamente. Einer der Flüchtlinge wurde aus dem Camp
geworfen, als er schwere Nierenprobleme hatte und auf medizinische
Behandlung bestand.
Ein Assistent, der in der
Einrichtung arbeitete, in die wir gebracht wurden, sagte, dass die
Kommune 6,- Euro für jeden von uns pro Tag einbehalten würde, die
wir erhalten sollten, wenn wir das Camp verlassen. Dieser Assistent
wurde später entlassen. Sein Nachfolger verweigerte uns die ca.
5.000,- Euro auszuzahlen, als wir das Camp verließen. Im Vergleich
dazu wirken die 500,- Euro, die wir erhielten, eher zynisch. Die
Behörden gaben vor, dass das uns zustehende Geld für die
Gesundheitsversorgung ausgegeben wurde. Das ist aber eine Lüge. Ich
beantragte wegen der Verletzungen, die mir in Libyen zugefügt
wurden, eine Operation – mein diesbezüglicher Antrag wurde jedoch
abgelehnt.
Uns wurde angedroht, dass
wir verhaftet werden würden, wenn wir die Einrichtung, in der wir
untergebracht waren, nach Erhalt unseres humanitären Status nicht
verlassen würden.
Die
Situation in Hamburg
Nachdem wir gezwungen
worden waren, die Einrichtungen in Italien zu verlassen, kamen wir
nach Hamburg. Einige von uns lebten in dem sogenannten
Winterprogramm, andere erreichten Hamburg später im Jahr 2013. Seit
April 2013 befinden wir uns in einer sehr bedrohlichen Lage, da wir
gezwungen sind, auf der Straße zu leben. Der Winter war sehr lang
dieses Jahr – auch der April war sehr kalt und zusätzlich gab es
eine lange Regenperiode.
Wir begannen die Gruppe
¨Lampedusa in Hamburg¨zu organisieren, um unsere Rechte durchsetzen
zu können. Wir haben ein Informationszelt in der Nähe des
Hauptbahnhofs eingerichtet und im Rathaus demonstriert. Wir suchten
das Gespräch mit dem Senat und dem Oberbürgermeister – diese
haben den Dialog allerdings bis Heute verweigert. Wir demonstrierten
vor einer Wahlveranstaltung der SPD und schrieben einen offenen Brief
an die Hamburger Bürgerschaft, um unser Anliegen zu skizzieren und
durchzusetzen. Manche von uns wurden aufgrund der unerträglichen
Lebensbedingungen krank. 23 von uns hätten im Krankenhaus behandelt
werden müssen – was faktisch nicht möglich war – mehr als 130
wurden von ehrenamtlichen Ärzten behandelt.
Seit Anfang dieser Zeit
des Leidens im April 2013 wurde die Unterstützung für uns
Flüchtlinge nicht vom Senat, den Behörden und großen
Wohlfahrtsorganisationen, sondern von der Bevölkerung Hamburgs
organisiert und getragen. Hauptsächlich junge Menschen und die
„Karawane für Flüchtlinge und MigrantInnen“ sorgten für das
Nötigste wie Essen, Unterbringung in kalten Nächten und die
Vermittlung von Kontakten mit Denjenigen, die helfen wollen und
medizinische Versorgung leisten. Seit Anfang Juni bieten die St.
Pauli Kirche (80) und die Moschee in St. Georg (30) Flüchtlingen
Unterkunft. Die Nachbarschaft in St. Pauli unterstützt uns und die
Durchsetzung unserer Anliegen mit großer Hilfsbereitschaft. Wir sind
sehr dankbar für diese humanitäre Hilfe und dass zumindest einige
von uns nun einen Platz zum Übernachten haben. Aber dies kann keine
Langzeitlösung sein – und viele von uns leben noch immer auf den
Straßen.
Die
Parteien “Die Grünen” und “DIE LINKE” haben im Juni ein
Moratorium in die Bürgerschaft eingebracht, um die vom Senat
angedrohte Abschiebung für sechs Monate auszusetzen und einen Raum
für Verhandlungen zu schaffen. Einige tausend Menschen, wie auch die
Kirche unterstützen dieses Moratorium. Auch die Bezirksversammlung
in Altona mit sämtlichen Fraktionen unterstützt das Moratorium,
entgegen der Position des Senats. Delegierte der Kirche verhandeln
seit sehr langer Zeit mit dem Senat – leider bisher ohne positives
Ergebnis. Im Grunde wäre aber adäquater, wenn der Senat das
Gespräch mit uns suchen würde, da es um unser Schicksal geht.
Sämtliche regionalen Fernsehsender, wie auch deutschlandweite
Stationen und Medien berichten über unsere Situation in Hamburg.
Viele Menschen sagen, dass wir dadurch, dass wir mit unserem
kollektiven Engagement für die Einhaltung der Menschenrechte und
unser Handeln die Diskussionen über die Flüchtlingspolitik positiv
beeinflusst haben. Der Senat blockiert jedoch weiterhin jede
akzeptable Lösung.
Wir
sind Opfer der europäischen Flüchtlings-politik, die nicht im
Einklang mit den internationalen und europäischen
Menschen-rechtskonventionen steht. Durch das Dublin II Abkommen wird
den finanzschwächsten Ländern Europas – Griechenland, Italien,
Spanien und Portugal sämtliche Verantwortung für die Flüchtlinge
aufgenötigt – und diese können eine derartige Verantwortung nicht
tragen. Momentan
stehen wir auf der Schwelle zwischen Leben und Tod. Die italienischen
Behörden gaben uns einen humanitären Status als Kriegsflüchtlinge,
der uns ermöglicht in der EU zu leben. Der Hamburger Senat will uns
jedoch so schnell wie möglich abschieben. Im Gegensatz zur
rechtlichen Sachlage behauptet der Senat der Hansestadt, dass es
keine Rechtsgrundlage gäbe, uns ein permanentes Aufenthaltsrecht zu
gewähren.
Aber
für uns ist von einem zum anderen Ort in Europa hin und hergeschoben
zu werden keine Lebensperspektive. Wir fordern das Recht auf Wohnung
sowie freien Zugang zu Arbeit, Bildung, Gesundheitsversorgung und
sozialer Absicherung – und das Recht uns in der EU frei bewegen und
niederzulassen zu können.
Wir,
diejenigen die den Krieg in Libyen überlebt haben, sind nicht
gewillt uns von einem Desaster ins nächste schieben zu lassen, weil
das keine Lebensperspektive ist und gegen die Menschenwürde
verstößt. Seit wir uns im Mai 2013 an die Öffentlichkeit gewandt
haben, sind wir ZeugInnen einer großen Welle der Solidarität. Viele
Menschen und Akteure unterstützen unsere Forderungen.
Eine
zentrale Forderung ist, dass uns ein permanentes Aufenthaltsrecht,
entsprechend dem Völkerrecht und humanitären Aspekten gewährt
wird. Der § 23 Aufenthaltsgesetz oder jede weitere Regulierung auf
regionaler, bundesweiter oder europäischer Ebene, die
Kriegsflüchtlingen einen Status gewährt, kann dazu angewandt
werden.
Bericht
eines Flüchtlings
„Als wir genötigt wurden Italien zu
verlassen, hatten wir das Ziel ein besseres Leben führen zu können.
In Hamburg sind wir erneut mit der gleichen Situation konfrontiert
wie in Italien. Die Landesregierung blockiert permanent unsere Ziele
und Forderungen. Zuvor lebten wir – und viele leben Heute noch –
auf den Straßen – ohne einen Platz zum Duschen, einen Platz zu
Übernachten oder die Kleidung wechseln zu können. Wir haben keine
Papiere, die uns dabei helfen zu überleben oder zu arbeiten. Nun
haben Einige von uns zumindest die Möglichkeit in der St. Pauli
Kirche zu übernachten. Dafür sind wir sehr dankbar - und die
`Embassy of Hope´ gibt uns auch wirklich ein wenig Hoffnung.
Aber der Senat fing an Schlechtes über
uns zu erzählen. Sie sagten, dass Einige von uns Soldaten Mohammar
Al Ghaddafis gewesen seien und verbreiteten weitere Unwahrheiten. Wir
haben weder Ghaddafi noch die Rebellen unterstützt. Wir hatten angenommen, dass in Hamburg
Jeder einschließlich den Behörden die Menschenrechte kennt und
respektiert. Aber die Behörden missbrauchen uns und predigen
lediglich die Menschenrechte. Wir lebten in den Parks und auf den
Straßen – deshalb haben wir den Protest formiert.
Beim Leben auf der Straße habe ich eine
Menge Kraft verloren. Bis Heute habe ich mich nicht davon erholt.
Ich fühle noch immer Krankheit in meinem Körper – aber das
Dokument, dass mir in Italien ausgehändigt wurde, berechtigt mich
nicht ins Krankenhaus zu gehen. Viele der Flüchtlinge aus Italien
haben nicht einmal genug zu Essen und leben noch immer in unwürdigen
Verhältnissen. Einige leben noch immer auf der Straße, Einige
übernachten in alten Autos, Andere in den Ecken. Nur Wenige haben
einen Platz zum Leben.
Bericht
eines Flüchtlings
„Wir
kennen nicht unsere Zukunft, unsere Gegenwart und Vergangenheit. Es
waren die EuropäerInnen die den Krieg in Libyen mitverursacht haben
– und nun sind sie mitverantwortlich für die Konsequenzen. Wenn
die Kirche uns nicht helfen würde – wo wären wir dann? Wir sind
dieser Situation so überdrüssig und müde. Die Regierung sollte
etwas unternehmen – warum behandeln sie AfrikanerInnen in Europa
auf eine solch inhumane Weise. Ich kann nicht verstehen warum
Menschen so herzlos sein können. Was glauben Diejenigen die so mit
uns umgehen was passiert, wenn sie einmal Afrika besuchen.
Bericht eines Flüchtlings
„Wir leiden
sehr stark, seit wir in Deutschland sind. Man gibt uns keine
Möglichkeit unser tägliches Überleben zu gewähren. Jede/r von uns
ist frustriert. Ich habe von Morgens bis Abends nichts zu tun. Das
hinterlässt Schäden. Es ist sehr schwer in solch unwürdigen
Bedingungen zu überleben. Ich habe in einem europäischen Land einen
humanitären Status erhalten, kann diesen aber nicht nutzen, um mein
Überleben in Deutschland zu sichern. In Libyen habe ich in Würde
gelebt und gearbeitet. Meine Lebensumstände hier sind sehr
degradierend.
In der St.
Pauli Kirche tut der Pastor sein Bestes. Aber er und unsere
UnterstützerInnen können das Problem nicht alleine lösen. Wir
brauchen Unterstützung – aber die Regierung ignoriert uns – und
wir fragen die PolitikerInnen um Hilfe. Hier leben 80 Menschen in
einem Raum. Wir teilen uns den Platz in Solidarität – aber diese
Bedingungen sind schlecht. Wenn jemand krank wird, kann sich diese
Krankheit sehr schnell verbreiten. Selbst im Gefängnis herrschen
nicht solche Bedingungen, wie die denen wir seit langer Zeit
ausgesetzt sind. Wir sind glücklich. Dass sich noch niemand
umgebracht hat. Wir haben nichts zu tun und das ist der schlimmste
Aspekt, der wirkliche Schäden verursachen kann. Insbesondere, da wir
vorher ein solides und sozial abgesichertes Leben geführt haben. Wir
konnten uns selbst, unsere Familien und Kommunen versorgen.
Wir benötigen
Hilfe, um ein gutes Leben in Frieden führen zu können. Einige
helfen – aber wir müssen die Möglichkeit haben, arbeiten zu
können, um uns selbst versorgen zu können. Einige Menschen, die
keinen Einblick in unsere Situation haben, kritisieren uns. Wenn die
europäischen Regierungen nicht den Krieg in Libyen forciert hätten,
wären wir nicht hier. Den Krieg zu erleben war schrecklich. Ich
hoffe das Jemand in der Regierung Mut beweist und aufsteht, um uns zu
helfen – wir benötigen Jemanden der/die sich für uns einsetzt.“
Bericht
eins Flüchtlings

Seit
Monaten nutzt die Europäische Union uns als politischen Spielball.
Wir werden offenbar nicht als Menschen wahrgenommen. Ich habe so
viele Fragen, auf die ich keine Antwort weiss – Fragen wie:
Passiert all das, weil wir aus schwarzafrikanischen Ländern kommen?
Warum Rassismus? Wo ist die Liebe und Hilfe die Kriegsflüchtlingen
eigentlich entgegengebracht werden sollte? Wo sind die Menschenrechte
die Flüchtlingen zustehen? Was bedeutet und bewirkt Macht? Ist die
wahre Bedeutung von Macht, dass ein anderes Land von einer
`Gemeinschaft´ bombardiert werden kann – und wenn die Zeit kommt
die Hoffnung der Hoffnungslosen wieder aufzubauen die Verantwortung
einzelnen Ländern zugeschoben wird? Kann uns die Europäische Union
etwas über den Schutz erzählen, der Kriegsflüchtlingen zusteht?
Viele
von uns sind traumatisiert und benötigen dringend Hilfe. Ich hasse
es, dass jeden Tag die Bilder von Kriegsflugzeugen in meinem Kopf
auftauchen. Oft erinnere ich mich – ich zählte 60 Bomben am 6.
Juni 2011 in Tripolis, die von NATO Flugzeugen abgeworfen wurden. Ich
erinnere mich immer wieder, wie ich glücklicherweise von einem
sinkenden völlig überfüllten Schiff gerettet wurde. Ich habe meine
Freunde dort verloren – alte und junge. Immer wieder bin ich
schockiert – mit Schmerzen im ganzen Körper – mit Schmerzen im
Herzen. In einer Nussschale haben wir das Mittelmeer überquert.
Keine Regierung, die sich an die Menschenrechte hält, kann jemals
erlauben, dass Kriegsflüchtlinge die Situationen wie wir überlebt
haben, erneut solch bedrohlichen Situationen ausgesetzt werden, wie
wir. Unsere Situation hier in Hamburg ist sehr schlecht und
unwürdig. Die Europäische Union sollte uns helfen und unsere
Forderungen als Kriegsflüchtlinge erfüllen.
Wir
wollen unser Leben zurück und unserer Rechte als Menschen, um in
Würde leben zu können. Wir brauchen dringend Zugang zu
medizinischer Versorgung, Arbeit, Wohnung, Bildung und sozialer
Unterstützung.“